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[ Berichte > Berichte für das Jahr 2005 > Bericht vom 24.11.2005 ]

Chemiestunden mit Nobelpreisträger Richard Robert Ernst

Am Sonntag, den 13. November 2005, wurde uns, d.h. der Leistungskurs Chemie 12 und 13, eine wahrlich einzigartige Chance gegeben, am Leben, und den damit verbundenen Erfahrungen, vielleicht auch Lebensphilosophien des mit dem 1991 ausgezeichneten Nobelpreisträgers Richard Robert Ernst teil zu haben.

Prof. ErnstSein Vortrag, mit dem Titel "Mein Weg zur Wissenschaft und darüber hinaus!" war recht anschaulich und vor allem durch die vielen Auszüge und Informationen aus seinem Privatleben lustig, was aber viel wichtiger ist, nicht zu "trocken" gestaltet. Man konnte sich also doch ein recht gutes Bild des Mannes dahinter verschaffen. Zwar waren wir wegen den Informationen seiner Arbeiten betreffen bei dieser Vorlesung, zumindest wollten wir dies allen weiß machen, doch die Bilder von seinem Kind im Pappkarton oder das provisorische Umkippen der Milch aus einem Milchkrug in den überlaufenden Mund seines Kindes, lockerten die Stimmung doch immer wieder auf. Er stellte sein Leben anhand eines langen Weges dar, den er nur mit symbolisch zu verstehenden Beinen schaffen, oder eher bewältigen konnte.

Zum einen war da sein Beruf! Dieser stellte das erste Bein da. Zur Chemie gelangte er als ein kleiner Junge, der aufgrund einer starken Neugierde wahrscheinlich das ein oder andere Problem zu bewältigen hatte. Aber darüber will ich mir keine Spekulationen erlauben. Jedenfalls führte Ihn diese Neugierde auf den Dachboden seines Elternhauses, wo er die letzten Überreste seines Onkels in einer Kiste fand, die aus einigen nicht näher definierten Reagenzien und alten Chemiebüchern bestanden. Und "alt" ist in diesem Sinne auch gleichbedeutend mit "längst überholt" zu verstehen, da das allseits bekannte H²O noch als HO Molekül beschrieben wird. Das sagt doch schon alles, oder? Daraufhin richtete er sich im Keller seines Hauses sein erstes Labor für kleinere Experimente ein und besorgte sich aus der hauseigenen Bibliothek alle Chemiebücher die er in die Finger bekam. Wie man aber sehen konnte, waren auch die "nicht näher definierten" Chemikalien nicht allzu gefährlich, denn er präsentierte sich uns allen als sympathischen älteren Herren mit einem Hauch von Ironie und einem starken Sinn für Perfektionismus. Seinen Angaben zufolge steht sogar noch das Elternhaus unversehrt an Ort und Stelle, ... mit intaktem Keller! Die Jahre vergingen, und aus dem neugierigen Jungen wurde ein wissbegieriger junger Student, der sich nach seinem Studium einer großen Frage stellte, die selbst heute noch eine starke Präsens hat ... "Was nun?"

Er fragte seinen leitenden Professor, der ihm von der NMR berichtete. Der Nuclear Magnetic Resonance. Dieser Theorie zufolge haben Atome eine bestimmte Eigendrehung, den so genannten Spin. Wenn man nun ein magnetisches Feld anlegen würde, bekämen die Atome einen weiteren Dreheffekt. Es richtet sich sozusagen dem Magnetfeld entsprechend aus. Bestrahlt man die Atome nun mit einer Strahlung emmitieren diese elektromagnetische Strahlung in einem bestimmten Frequenzbereich. Daraus kann man ein Frequenzmuster erstellen und weiter charakterisieren. Je nach Art und Lage des Atoms in einem Molekül ergeben sich so unterschiedliche Frequenzmuster. Durch das anlegen weiterer Magnetfelder unterschiedlicher Stärke, kann man die Beziehungen der einzelnen Atome in einem Molekül zueinander ermitteln und so ihre Lage berechnen. Weitere Berechnungen erlauben es das "Aussehen" des Moleküls zu bestimmen. Dies wird zum Beispiel dann wichtig wenn man herausfinden will, wie z.B. ein Medikament an ein bestimmtes Protein im Körper bindet, wie und ob es überhaupt richtig bindet und wie es wirkt. Die Arbeiten des Herrn Ernst hatten aber noch viel weitreichendere Auswirkungen. So beruht auch die Technik und Methodik der Kernspintomographie, mit der man nicht nur die Funktionsweisen des Gehirns zu ergründen versucht, sondern mit der man auch Krankheiten, genauer Tumore in jedem Bereich des Körpers lokalisieren und klassifizieren kann, ohne den Patienten nervenaufreibenden Untersuchungen zu unterziehen, auf seinen Ergebnissen und Entwicklungen! Diese Technik hat vor allem in der Medizin anklang gefunden, da sich dadurch die Operationen bis auf wenige Millimeter genau planen lassen. Vor allem können dadurch bestimmte Krankheiten (Anomalien im Körpergewebe) vorzeitig erkannt werden, auch wenn sie (noch) nicht mit dem bloßen Auge sichtbar sind. Dadurch können viele Arten von z.B. Tumoren noch rechtzeitig behandelt werden, bevor sie soweit fortgeschritten sind und keine Chance auf vollkommene Heilung mehr zu lassen!

Prof. Ernst während seines Vortrages

Kommen wir nun zu seinen weiteren Beinen, oder vielmehr Stützpfeilern auf seinem Lebensweg. Bei seinen Ausführungen bezeichnete er sie auch gerne als Passionen (= Leidenschaften). Ihm zufolge sind solche Passionen sehr wichtig für das innere Wohlbefinden. Durch diese kann man sich einen gewissen Ausgleich schaffen im Leben um eventuell abschalten zu können. Man würde sich durch sie eine Gelassenheit bewahren durch die, die Kreativen Ideen wieder so in den Kopf sprudeln könnten wenn man wieder einmal ausgelaugt und leer im Kopf ist! Zum einen war da für ihn die Musik. Er spielt schon seit Kindheit an leidenschaftlich Cello und tut dies auch heute noch gerne. Auf einem Bild sah man ihn lachend mit seiner Frau musizieren. Er auf seinem großen Cello, sie auf einer Violine. Stolz erzählte er uns, dass er froh sei Einstein wenigstens in der Größe seines Musikinstrumentes übertroffen zu haben.

Ein weiteres Standbein war für ihn die Kunst. Diese Leidenschaft erkannte er für sich erst relativ spät als er eine Reise durch Asien gemacht hatte. Er fand ein gefallen darin sehr alte Bilder zu ersteigern und diese selber zu restaurieren, wobei ihm seine Forschungen ebenfalls sehr behilflich sein konnten. Denn der Perfektionist in ihm wollte zur Erneuerung des Bildes nicht ähnliche Farben verwenden, sondern genau die gleichen Farben wie sie damals schon beim erstellen aufgetragen wurden! Da jede Farbe bei einer NMR-Untersuchung ihr eigenes Frequenzmuster aufweist, war es ihm Möglich die auf den Bildern verwendeten Farben exakt zu bestimmen und zu ersetzten, bzw. Neu und frisch aufzutragen.

Alles in allem bleibt mir nur noch zu sagen, dass mir der Tag im "Haus Erholung" sehr gefallen hat. Es war eine einmalige Erfahrung für mich, und bestimmt auch viele weitere Personen die diesem Vortrag gelauscht haben Denn wie oft hat man die Gelegenheit im Leben einem Menschen zu lauschen, der mit seinen Grundlagenforschungen das Bild so vieler Bereiche geprägt und geändert hat. Es war richtig begeisternd, wie er versucht hat uns an seinen Erfahrungen Teil haben zu lassen. Uns für die Forschung zu gewinnen und uns mit seiner Begeisterung anzustecken. Seiner Meinung nach ist die Forschung dazu da, die Menschheit wenigstens ein Stück weit zu verbessern um vielleicht die Lebensqualität zu erhöhen, oder dafür zu sorgen, dass einige Menschen weniger leiden müssen. Doch seine Macht, die man mit Wissen automatisch erntet, für die Menschheit einsetzten, bedeutet nicht nur sich auf die Menschen zu beziehen, er hat auch die kritischen Problemstellungen genannt, die es in den nächsten Jahrzehnten zu lösen gilt um ein weiteres sorgenloses Leben ermöglichen. Sei es jetzt die wachsende Umweltverschmutzung, oder der immer stärker zunehmende Schwund der natürlichen Ressourcen. Ihm persönlich bleibt nur noch übrig, seine Erfahrungen an die nächste Generation weiter zu geben, damit diese sich mit neuem Elan in die Forschung stürzen kann um die Menschheit wieder ein Stück weg besser zu machen ... Vielleicht wird ja in einigen Jahrzehnten wieder ein Nobelpreisträger vor einer Schar von Jugendlichen berichten wie er sein Leben gelebt hat und wie wichtig für ihn die Passionen waren und mit welcher Kraft er sich immer wieder den Problemen stellte ... um wieder neue Studenten für den Dienst an der besseren Zukunft zu gewinnen!

Von Paul Zdunek, Jgst. 13