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Schwere Kost am Maximilian-Kolbe-Gymnasium

Im Theaterstück "Endstation" geht es um Schüler, die zu Mördern werden. Eine Thematik, die nichts von ihrer Aktualität verloren hat.

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"Wie gut kennen Sie ihr Kind?", fragten die Macher des
Stücks die Zuschauer am MKG. (RP-Foto: Jürgen Laaser)

Der Amoklauf im Erfurter Gutenberg-Gymnasium am 26. April 2002: Der damals 19-jährige Robert Steinhäuser erschießt elf Lehrer, eine Referendarin, eine Sekretärin, zwei Schüler und einen Polizeibeamten. Anschließend tötet er sich selbst. Sabrina Braun (41), gelernte Kinderpflegerin sowie künstlerische Leiterin und langjährige aktive Mitspielerin des von ihrem Vater gegründeten Jugendtheaters Martinszell (Allgäu) schrieb unter dem Eindruck dieser schrecklichen Tat das Stück "Endstation", das die Mädchen und Jungen aus dem von Alexander Hergert geleiteten Literaturkurs des Maximilian-Kolbe-Gymnasiums jetzt erfolgreich aufführten.

In zwei ausverkauften Vorstellungen im Forum der Schule erzählten sie die Geschichte der miteinander befreundeten Jugendlichen Evi (dargestellt von Josephine Mayland und Lenya Rademacher), Stefan (Benedikt Krichel) und Kai (Maya Denda). Das Mobbing-Attacken ausgesetzte Schüler-Trio, das von einer Zukunft als erfolgreiche Band träumt, hat es im Schulalltag und auch zu Hause nicht leicht. Mitschüler schubsen Kai, so dass der Junge zu Boden fällt, Evi wird sexuell belästigt, Stefan bedroht und als Versager beschimpft. Von den Eltern kommen nur Vorwürfe für das vermeintliche Versagen: "Du hast uns enttäuscht", "Wieso kannst Du nicht so sein wie Dein Bruder?", "Willst Du als Verkäuferin im Supermarkt enden?" oder "Du gerätst noch auf die schiefe Bahn" heißt es. Auch die Lehrer bieten wenig Unterstützung – sie behandeln die drei Schüler offenkundig ungerecht, glauben ihnen nicht, geben sich keine Mühe, um für Aufklärung zu sorgen. Dann kommt es zum Bau einer Bombe und wenig später zum verheerenden Sprengstoff-Attentat an der Schule.

Schülerin Evi richtet sich immer wieder direkt an das Publikum, um Handlung und Charaktere näher zu erläutern. Aber auch andere Figuren brechen kurzzeitig aus ihrer Rolle aus, um sich ans Publikum zu wenden. "Endstation" sei kein pädagogisches Stück, erläuterte Kursleiter Alexander Hergert. "Es zeigt auf, liefert keine Erklärungen und lässt einfach stehen."

Wie aktuell die Thematik sei, habe sich in den vergangenen Wochen erst wieder gezeigt. Petra Negwer als stellvertretende Schulleiterin bat die Anwesenden im Publikum, nicht mit Applaus zu sparen, "denn hier steckt viel Arbeit dahinter". Sie riet den Zuschauern, zwischendurch bei Bedarf auf den Schulhof zu gehen, wenn das Theaterstück zu anstrengend werde und kündigte einen nachdenklich stimmenden Abend an, der keineswegs lustig sei. Denn die angehenden Abiturienten aus der Mühlenstadt servierten mit "Endstation" keine leichte Kost.

Von Daniela Giess
Rheinische Post, 27.03.2023